Zwischen Kunde und Auftraggeber…

Wer selbstständig ist weiß, dass er nicht nur selbst und ständig arbeitet, sondern auch der eine oder andere Kunde ihn an den Rand des Wahnsinns bringt. Hier einmal eine kleine Geschichte, die das Leben (und Leid) eines IT-Dienstleisters auf das Handwerk überträgt – oder viel mehr, wie es dann laufen würde:

Das Problem der IT-Spezialisten mit ihren Kunden und Auftraggebern…

Stell Dir vor, Dein Kunde hat ein paar Pferde und möchte gerne zur Straßenseite einen einfachen Stromzaun.
=> Du besorgst von Raifeisen also ein paar Kunststoff-Pfähle, Isolatoren und natürlich Litze und baust wie gewünscht.
Nun stellt Dein Kunde fest, dass es vielleicht doch gut wäre, wenn auch sein Hund nicht auf die Straße rennen kann.
=> Du gehst also los, besorgst noch eine Rolle Maschendraht und befestigst diesen ebenfalls an den Pfählen.
Weil nun aber die Dorfjugend beim Birnen klauen den Maschendraht kaputt tritt, beschließt Dein Kunde, dass ein massiver Zaun vielleicht doch sinnvoller wäre.
=> Also setzt Du ein Stück vor dem Maschendraht-Stromzaun Dingens einen festen Zaun.
Noch während zu die letzten Pfähle für den Zaun in den Boden schlägst, bringt Dein Kunde seine Pferde und das Stromzaungerät auf eine gepachtete Weide und benötigt dafür die Litze und Kunststoffpfähle.
=> Da der feste Zaun zu grob für seinen kleinen Hund ist, muss der Maschendraht abmontiert und von hinten an den festen Zaun montiert werden – hierfür passen aber natürlich die Halterungen nicht mehr. Da für neue Halterungen mittlerweile kein Geld mehr da ist, bindest Du den Maschendraht irgendwie mit Strohband an den festen Zaun – hält.
Dein Kunde ist sehr unglücklich darüber, dass der schöne feste Zaun mit Maschendraht verunstaltet ist und denkt wieder einmal darüber nach, dass eine feste Mauer doch alle Probleme auf einmal erledigt… er gibt Dir seine *scheinbar* letzten 50 Euro…
=> Du besorgst von einem Abbruchhaus günstig ein paar Steine, aus Deinem eigenen Keller noch einen Sack Mörtel und erfüllst ihm auch noch diesen Wunsch. Geld für ein Fundament kannst Du nicht mehr zu buttern.
Doch wie (oh Wunder) fällt ihm nun ein, dass dort doch der ideale Platz für ein Carport mit Dachterrasse wäre… und da ja doch die Mauer schon steht, könnte man die doch als Stütze nehmen… sagte zumindest der Kumpel vom Schwager des Bruders seiner Frau – und der müsse es wissen, schließlich habe er im Krieg vor 80 Jahren Schützengräben befestigt!
=> Die ursprünglichen 200 Euro, die der Kunde Dir für das Aufstellen des Stromzauns gegeben hat, haben sich schon lange mit dem Material, was Du aus eigener Taschen zu gebuttert hast, verrechnet. Du sagst Deinem Kunden, dass Du wirklich sehr geduldig warst, aber es einfach jetzt nicht mehr ginge. Wenn er ein Carport mit Dachterrasse haben möchte, soll er Dir bitte 12.000 Euro in Vorkasse geben und unterschreiben soll, dass keine weiteren „Auftragserweiterungen“ mehr folgen…
…der Kunde ist maßlos empört, schließlich habe er den Auftrag trotz der großzügigen Bezahlung nur aus humanitären Gründen an Dich vergeben. Du hättest ihn mit Deiner Inkompetenz maßlos enttäuscht – und dass Du jetzt auch noch solche horrenden Forderungen stellst grenze an Betrug.

 

Diese Geschichte klingt unglaubwürdig? Gar abstruß? Und niemals würde in der Realität so etwas passieren?

Ihr habt vollkommen Recht: jeder Handwerker würde einem solchen Kunden (zu Recht) den Vogel zeigen und vor jedem Gericht der Welt auch Recht bekommen.
NICHT so bei Programmierern, Informatikern, Webdesignern und Grafikern: hier passiert tagtäglich 1:1 exakt das Geschilderte – und mangels Fachkompetenz von Anwälten und Richtern helfen Dir im Streitfall oft nicht einmal präzise Pflichtenhefte, wo eigentlich genau drin steht, was gefordert und was geleistet wird.