Vier Kompetenzstufen der PferderatSCHLÄGE

Inspiriert durch einen Thread in einer Facebook-Gruppe, dann doch so weit von dem Thema abgekommen, dass es fast auch für meinen Blog taugt – der Ursprung war aber eine Gruppen-Antwort, so dass die Einleitung verwirrend sein kann:

Eigentlich wollte ich zu diesem Thread gar nichts schreiben, da sich alles, was ich hätte dazu schreiben können, in den (wenigen) guten Beiträgen bereits wieder findet: Antoinette Hitzinger zum Beispiel, die mit Fragen statt RatSCHLÄGEN sicherlich erfolgreicher sein wird, als „Das Pferd will Dich dominieren“, oder „Such Dir einen Trainer“ und ähnliche Laienaussagen.

Doch dann habe ich mir tatsächlich die Mühe gemacht und alle Beiträge einmal durchgelesen und natürlich auch die Videos geschaut. Die verschiedenen Meinungen, Sichtweisen und auch Weltanschauungen waren für mich viel spannender, als das Thema an sich.

Zunächst haben wir hier eine Besitzerin, die augenscheinlich alles weiß, alles erklären kann und ihr (unsicheres) Pferd, absolut im Griff hat. Sie Kennt „Sicherheitsgriffe“, die guten Grip gewähren, und man im Zweifelsfall auch schnell loslassen kann (wäre es nicht das falsche Seil dafür, das sich aufgrund seiner Struktur dehen und damit sehr wohl zu ziehen kann), die ihr Pferd kennt, aber trotzdem nicht weiter weiß und deswegen ein Video einstellt, welches eine Besitzerin und ein Pferd „draußen“ in der Natur zeigen, die absolut keinerlei Bindung haben. *confused*

Dann sind da die fünf Gruppen der RatSCHLÄGEr und ein paar wenige, die die richtigen Fragen stellen:

„Ich bin Anfänger, aber…““

Diese Gruppe mag ich eigentlich recht gerne: immerhin auf Stufe zwei (Bewusste Inkompetenz) der Kompetenzstufen wissen sie, dass sie eignetlich keine Ahnung und Erfahrung haben, aber beobachten und verlassen sich auf ihr Gefühl. Oftmals haben sie dabei im Ansatz die richtige Intuition.

„Das darfst Du nicht, das ist gefährlich“

Oh ja, eine sehr faszinierende Gruppe – denn einerseits haben sie ja vielleicht(!) sogar Recht, mit ihren Mahnungen, doch auf der anderen Seite würden wir heute noch in Höhlen leben, oder zumindest gedanklich auf einer Scheibe verweilen, wenn wir keinen Forscherdrang entwickelt hätten. Und was ist schönere Forschung, als mit dem Pferd draußen die Natur zu genießen. Diese Gruppe lässt ihre Kinder nur mit Vollschutz und Rückenprotektor aufs Bobby-Car.

„Hol Dir professionelle Hilfe“

Eigentlich ist diese Gruppe nur eine Teilmenge der „Das darfst Du nicht“: professionell ist nur, wer seinen Trainer-C hat (selbst wenn erst seit ein paar Monaten) mit Sattel, Helm und Trense reitet, das Kinn hoch, die Hacken runter und die Zügel stramm. Wilde Cowboys sind Tierquäler und die Spinner der Natural Horsemanship-Fraktion kann man sowieso nicht ernst nehmen. Bravo, für Euch habe ich einen Job als Betriebswirt bei Siemens.

„Oh, ist die süß“

Die Rosa-Einhorn Fraktion darf natürlich auch nicht fehlen, sobald es um Tiere geht. Die haben zwar keine Meinung (und auch vermutlich keine Ahnung), aber sie finden eine Situation, die mit einem unerwarteten Knall aus der Büchse eines Jägers hätte bis zur Lebensgefahr eskalieren können, erst einmal „süß“.

„Du solltest dies|jenes|welches“

Die wohl mit Abstand größte Fraktion: jeder dieser Gruppe kennt das Pferd im Video seit Jahren, hat schon hundert Pferde selber von Fohlen-Alter an groß gezogen und hat tagtäglich mit schwersten Fällen von misshandelten oder vernachlässigten Pferden zu tun gehabt. Die Kompetenz erstreckt sich dabei von gesundheitlichen Fragen, über Beritt, bis hin zu hoffnungslosen Fällen. Bitte lasst Euch sagen: es GIBT diese Menschen, aber: Ihr seid es nicht – denn wenn Ihr es sein würdet, würdet ihr wie Antoinette Hitzinger oder Marina Lange reagieren und Fragen stellen. Ihr stellt die Stufe 1 der Kompetenzstufen dar: „unbewusste Inkompetenz“.

„Ich brauche mehr Informationen“

Diese Gruppe fällt unter „bewusste Kompetenz“, teilweise sogar „unbewusste Kompetenz“ – auf jeden Fall: DAS sind die Profis, die wissen, wie man sich ein (umfassendes) Bild macht, analysiert und seinen Gegenüber weiter bringt. Es ist oft schwierig, sich aus der Vielzahl von Antworten die Richtigen herauszusuchen. Die richtige Einschätzung der vier Kompetenzstufen ist nicht leicht. In der Zeit des globalen Wissens wird es immer schwieriger, die Blender von den Kompetenten zu unterscheiden, die Spreu vom Weizen zu trennen.

Doch dieser Schritt sprengt für heute den Rahmen und wird sicherlich Teil zukünftiger Blogbeiträge – so stay tuned.

Euer Thomas

Die Magie der Glaskugel

Seit Menschengedenken sehnen wir uns nach einer Wahrheit, die weiter reicht, als unsere Wahrnehmung. Dabei scheint es vollkommen nebensächlich, ob diese auch wahr ist.

Die Glaskugel im Okkultismus der Kristallseherinen des 19. Jahrhunderts waren dann die Blüte der Hellseherei… dachte man – bis dann Ende des zwanzigsten Jahrhunderts die Menschheit sich immer weiter von der Realität und eigener Wahrnehmung entfernten. Das Internet übernahm das Denken, wahr war, was die Computer ausspuckten. Read more „Die Magie der Glaskugel“

Pferdehufe – ein Wunderwerk der Natur

In einer Facebookgruppe ging es mal wieder um das Beschlagen von Pferdehufen. Ein Frau hatte ihr Pferd aus Angst vor dem „Wegrutschen auf Asphalt“ beschlagen lassen, nachdem sie mit Hufschuhen schlechte Erfahrungen gesammelt hatte.

Meine Antwort möchte ich hier als allgemeine Gedankenanregung einmal einfügen:


Also… lass mich nochmal sicher stellen, dass ich Deinen Text richtig verstanden habe:

Du hast ihn mit Hufschuhen (nicht Barhuf!) geritten und er ist weggerutscht, hast ihn dann beschlagen lassen (ebenfalls nicht Barhuf!) und es ging viel besser…

…und das ist jetzt das Argument, ihn nicht Barhuf reiten zu können/wollen? Ich verstehe da die Logik nicht. Wahrscheinlich habe ich da aber etwas falsch verstanden.

Ein paar generelle Gedanken zum Thema Beschlagen, Hufschuhe &Co von meiner Seite:

Die Urahnen unserer heutigen Pferde entstanden Anfang/Mitte Tertiär (Erdneuzeit) – also vor etwa 50 Millionen Jahren. Sie haben von der Evolution her so ziemlich alles mitgemacht: Trockenperioden, Eiszeiten, diverseste Klimawandel. Sie lebten vornehmlich in steppenartigen Gegenden, aber auch im Eis und sogar auf blankem (rutschigen Fels). Auf diese wechselnden Bedingungen haben sich die Pferde perfekt angepasst und so sind die Hufe unserer heutigen Pferde wahre Wunderwerke der Anpassungsfähigkeit.

Der Huf hat viel mehr Aufgaben, als einfach „nur“ das Pferd zu tragen, er ist Blutpumpe, Tastorgan, ein Stoßdämpfer… und sogar ein Ausscheidungs- und Entgiftungsorgan… was er außerdem perfekt kann ist: Kontakt zum Boden herstellen – und das egal ob Schotter, Matsch, Asphalt – oder sogar Eis.

Wann immer wir in dieses ausgeklügelte System eingreifen, riskieren wir, dieses System (und das Pferd) aus dem Gleichgewicht zu bringen. Ein solches Risiko sollte nur eingegangen werden, wenn wir erstens verdammt genau wissen, was wir tun – und zweitens, wenn wir einen guten Grund (Krankheiten, Pflege) dafür haben.

„Ich habe Angst, dass mein Pferd rutschen könnte“ zählt mit Sicherheit NICHT zu den guten Gründen, ein Pferd zu beschlagen… vor allem dann nicht, wenn man es noch nicht einmal *probiert* hat, sondern gleich mit Hufschuhen und Beschlagen angefangen hat.

Beritt – der moderne und leichte Weg?

Schon seit einiger Zeit gehöre nun auch ich zu der „früher war alles besser…“ Fraktion, wo ich doch noch vor gar nicht allzu langer Zeit genau diese Einstellung verteufelt habe. Werde ich alt? Oder vielleicht doch Weise?

Nein, ich denke, dass beides stimmt: sowohl die ewig Gestrigen mit ihrem Genöle, wie auch die Erkenntnis, dass moderne Zeiten nicht immer nur die besten Lösungen mit sich bringen.

Gerade habe ich wieder einen Post auf Facebook gelesen, indem eine Frau um Rat sucht, weil sie mit ihrem Pferd nicht klar kommt und Angst hat – und da ich natürlich gerne helfe, lese ich mir ihre Frage durch:

Hallo zusammen ich bin grad so frustriert könnte nur noch weinen :‘-( mein Pferd ist ja seit Montag wieder bei mir nach 2 Monaten Beritt…da es die letzten 2 mal im Reitunterricht bei der Trainerin so super lief und ich fast angstfrei reiten konnte habe ich gedacht ich könnte doch ein wenig in der Weide reiten…aber es war wahrscheinlich zu früh..der Kleine war sehr nervös und ich bekam solche Angst dass ich so schnell wie möglich wieder runter bin 🙁 bei der Trainerin ist er immer völlig relaxt und eher gemütlich unterwegs, bei mir nervös 🙁 ich glaube nicht dass ich micht jemals traue mein Pferd richtig zu reiten, bin grad echt am verzweifeln :‘-(

Schon im ersten Satz stolpere ich über das Wort „Beritt„, bei dem sich mir spontan die Zehnägel hochrollen: wie kann eine fremde Person meinem Pferd beibringen, wie es sich bei mir zu verhalten hat, wenn Pferde doch beziehungsorientiert lernen?

Heute ist alles einfach geworden: das Auto warnt mich vor Abstand und Eis, die Mikrowelle davor, nicht meine Katze zu trocknen… und selbst das Obst gibt es fertig geschält in Blister. Da ist es nur verständlich, dass man sich nicht mehr mit seinem Tier beschäftigt, sondern erwartet, ein perfekt ausgebildetes Tier – am besten mit Gebrauchsanweisung auf Video – frei Haus geliefert zu bekommen.

Nein, meine lieben Angstreiter, so funktioniert das nicht. Das Stichwort heißt Eigenverantwortung. Sein Leben sowieso, aber natürlich sein Hobby selbst in die Hand nehmen. Pferd und Mensch als Team – gemeinsam lernen, natürlich gerne auch mit Coach. Du musst Dein Pferd verstehen lernen – sonst wird es immer etwas einseitiges bleiben… und einseitig ist niemals gut.

Wenn Du lernst Dein Pferd zu verstehen, wenn Du spürst, dass Ihr Beiden eine Bindung habt, wenn Du merkst, dass Deine Angst nicht (mehr) berechtigt ist, wird es etwas ganz tolles werden…